Eine Berufsunfähigkeitsversicherung kann ihren Versicherungsnehmer auch dann nicht auf die Ausübung eines Alternativberufs verweisen, wenn hierdurch ein höheres Einkommen erzielt werden kann.
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 20.12.2017 (IV ZR 11/16), festgestellt, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung ihren Versicherungsnehmer nicht auf die Ausübung eines Alternativberufs verweisen darf, selbst wenn hierdurch ein höheres Einkommen erzielt werden kann. Hierauf weist Rechtsanwältin Aylin Pratsch von der Fachkanzlei für Versicherungsrecht L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft im Rahmen einer Rechtsprechungsübersicht hin.
Im vorliegenden Verfahren hatte der Versicherungsnehmer, von Beruf Hufschmied, von der Beklagten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung gefordert. Die Versicherung lehnte dies außergerichtlich ab, woraufhin der Versicherungsnehmer Klage einreichte. Das Landgericht sowie auch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht gaben allerdings der Versicherung Recht und wiesen die Klage ab.
Der Bundesgerichtshof schloss sich der Rechtsauffassung der untergeordneten Gerichte hingegen nicht an. Denn die Versicherung, die den Versicherungsnehmer auf einen anderen Beruf verweisen möchte, müsse darlegen und beweisen, dass der nun von dem Versicherten ausgeübte Beruf der vor der Berufsunfähigkeit bestehenden Lebensstellung entspricht. Dies sei der Versicherung vorliegend jedoch nicht gelungen. Zwar erzielte der Versicherungsnehmer nun zwar ein höheres Einkommen als in seinem früheren Beruf, nach Auffassung des Bundesgerichtshofs entspricht der aktuelle Beruf als Maschinenführer hinsichtlich des sozialen Ansehens aber nicht dem des zuvor ausgeübten Berufs des Hufschmieds. Denn eine Vergleichbarkeit des sozialen Ansehens liegt nur vor, wenn der Verweisberuf im sozialen Ansehen nicht unterwertig ist. Von einer solchen Unterwertigkeit ist aber auszugehen, wenn der aktuelle Beruf die berufliche Qualifikation und den beruflichen oder sozialen Status des versicherten Berufs unterschreitet.
Das Verfahren bestätigt nach Ansicht von Rechtsanwältin Pratsch von der auf Versicherungsrecht spezialisierten Kanzlei L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft die insgesamt versichertenfreundliche Ausgangslage. „Der Bundesgerichtshof hat erneut festgestellt, dass Berufsunfähigkeitsversicherungen ihre Versicherungsnehmer im Fall der Berufsunfähigkeit nur dann auf einen Alternativberuf verweisen können, wenn dieser Verweisberuf sowohl finanziell als auch hinsichtlich des beruflichen und sozialen Ansehens vergleichbar ist.“
Rechtsanwältin Pratsch empfiehlt daher Versicherungsnehmern in vergleichbaren Situationen, bei Problemen mit der Versicherungsgesellschaft dies von auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwälten prüfen zu lassen.