Die Falschauskunft eines Minderjährigen gegenüber der Haftpflichtversicherung stellt keine Obliegenheitsverletzung dar, wenn keine vorherige Einwilligung zur Aussage durch den gesetzlichen Vertreter vorliegt.
Das Oberlandesgericht Rostock hat mit Datum vom 28. Januar 2011, Az. 5 U 93/10, festgestellt, dass die Falschauskunft eines Minderjährigen gegenüber der Haftpflichtversicherung keine Obliegenheitsverletzung darstellt, wenn keine vorherige Einwilligung zur Aussage durch den gesetzlichen Vertreter vorliegt. Hierauf weist der Fachanwalt für Versicherungsrecht, Rechtsanwalt Christian Luber, LL.M., M.A., von der Fachkanzlei für Versicherungsrecht L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft im Rahmen einer Rechtsprechungsübersicht hin.
Im vorliegenden Verfahren hatte die beklagte private Haftpflichtversicherung Leistungen abgelehnt. Die Versicherung begründete dies damit, dass der Minderjährige als versicherte Person eine Falschauskunft hinsichtlich seiner Unfallbeteiligung abgegeben habe. Dies stelle eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung dar, die zur Leistungsfreiheit der Versicherung führe. Das Amtsgericht schloss sich der Argumentation der Haftpflichtversicherung gleichwohl nicht an und verurteilte die private Haftpflichtversicherung zur Zahlung. Hiergegen legte die Versicherung Berufung ein.
Das Oberlandesgericht Rostock wies die Berufung zurück und verurteilte die Versicherung zur Zahlung. Das Gericht stellte im Laufe des Verfahrens fest, dass es unbeachtlich sei, ob der Minderjährige tatsächlich eine Falschauskunft gegenüber der Versicherung abgegeben habe. Denn ohnehin sei dies nicht mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erfolgt. Da aber die Erklärung des Minderjährigen negative Folgen für diesen haben könne, sei sie einwilligungspflichtig und ohne die Einwilligung unwirksam. Somit liege im Ergebnis auch keine Obliegenheitsverletzung vor.
Das Verfahren bestätigt nach Ansicht von Rechtsanwalt Luber von der auf Versicherungsrecht spezialisierten Kanzlei L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft die insgesamt versichertenfreundliche Ausgangslage. „Das Verfahren zeigt, dass eine fundierte Fallbearbeitung auch eigentlich eindeutige Konstellationen zu Gunsten der Versicherten drehen kann. Vorliegend war die Aussage des Minderjährigen eigentlich unstreitig, sodass eine Leistungsfreiheit der Versicherung durchaus vertretbar gewesen wäre. Da die Versicherung aber übersehen hatte, dass keine Einwilligung des Erziehungsberechtigten zur Aussage vorlag, war diese aber unverwertbar. Nachdem der gesetzliche Vertreter die Aussage auch nicht genehmigte, konnte folglich auch nicht von einer Obliegenheitsverletzung ausgegangen werden.“
Rechtsanwalt Luber empfiehlt daher Versicherungsnehmern, bei Problemen mit der Versicherungsgesellschaft zeitnah fachanwaltlichen Rat von auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwälten einzuholen.