Ein unvollständig ausgefüllter Schadensantrag stellt keine zur Schadensfreiheit führende Obliegenheitsverletzung dar.
Das Landgericht Dortmund hat mit Datum vom 23. März 2006, Az. 2 O 378/05, festgestellt, dass ein unvollständig ausgefüllter Schadensantrag keine zur Schadensfreiheit führende Obliegenheitsverletzung darstellt. Vielmehr hat der Versicherer auf Vervollständigung hinzuwirken. Hierauf weist Rechtsanwältin Aylin Pratsch von der Fachkanzlei für Versicherungsrecht L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft im Rahmen einer Rechtsprechungsübersicht hin.
Im vorliegenden Verfahren hatte die beklagte private Haftpflichtversicherung Leistungen abgelehnt. Die Versicherung begründete dies u.a. damit, dass der Versicherungsnehmer eine Obliegenheitsverletzung begangen habe, indem er den Schadensantrag unvollständig ausgefüllt habe. Die Haftpflichtversicherung sei daher leistungsfrei. Das Landgericht schloss sich der Argumentation der Haftpflichtversicherung gleichwohl nicht an und verurteilte die private Haftpflichtversicherung zur Zahlung. Das Gericht begründete das Urteil, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall nachgewiesen habe. Hingegen sei es der beklagten Versicherung nicht gelungen, zu beweisen, dass der Versicherungsnehmer gegen seine Obliegenheiten verstoßen habe. Eine solche Obliegenheitsverletzung liege insbesondere nicht darin, dass der Schadensantrag unvollständig ausgefüllt worden sei. Vielmehr sei es Aufgabe des Versicherers, darauf hinzuwirken, dass der Antrag lückenlos ausgefüllt worden sei. Erst bei einer endgültigen Weigerung durch den Versicherungsnehmer liege eine Obliegenheitsverletzung vor.
Das Verfahren bestätigt nach Ansicht von Rechtsanwältin Aylin Pratsch von der auf Versicherungsrecht spezialisierten Kanzlei L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft die insgesamt versichertenfreundliche Ausgangslage. „Das Verfahren zeigt, dass die Hürden für eine Nichtleistung durch die Haftpflichtversicherung hoch sind. Denn der Versicherungsnehmer muss lediglich nachweisen, dass der Versicherungsfall eingetreten ist. Die Versicherung muss hingegen nachweisen, warum sie leistungsfrei sein soll. Vorliegend hätte die Privatversicherung beweisen müssen, dass der Versicherungsnehmer endgültig das Ausfüllen des Schadensantrags verweigert habe. Da ihr dies nicht gelungen ist, konnte sie ihre Leistungsfreiheit nicht beweisen.“
Rechtsanwältin Aylin Pratsch empfiehlt daher Versicherungsnehmern, bei Problemen mit der Versicherungsgesellschaft zeitnah fachanwaltlichen Rat von auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwälten einzuholen.