Eine Versicherung kann trotz Falschbeantwortung vorvertraglich von der Versicherung gestellter Fragen nicht vom Versicherungsvertrag zurücktreten, wenn sie den Versicherungsnehmer zuvor nicht ausreichend gemäß § 19 Abs. 5 VVG aufgeklärt hat.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit Datum vom 17. April 2014, Az. 7 U 253/13, festgestellt, dass die Versicherung trotz Falschbeantwortung vorvertraglich von der Versicherung gestellter Fragen durch den Versicherungsnehmer nicht vom Versicherungsvertrag zurücktreten kann, wenn sie den Versicherungsnehmer zuvor nicht ausreichend gemäß § 19 Abs. 5 VVG aufgeklärt hat. Hierauf weist die Rechtsanwältin Aylin Pratsch von der Fachkanzlei für Versicherungsrecht L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft im Rahmen einer Rechtsprechungsübersicht hin.
Im vorliegenden Verfahren hatte die beklagte Versicherung den Rücktritt vom Versicherungsvertrag erklärt. Die Versicherung begründete dies u.a. damit, dass der Versicherungsnehmer vorvertraglich gestellte Fragen falsch beantwortet habe. Das Landgericht gab der Versicherung teilweise Recht und wies die Klage entsprechend ab.
Auf die hiergegen eingelegte Berufung verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart die Versicherung und erklärte, dass es nicht darauf ankomme, ob der Versicherungsnehmer die Fragen falsch beantwortet habe. Denn der Kläger sei von der Versicherung nicht ordnungsgemäß auf die Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen worden. Denn hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass die Belehrung in unmittelbarer Nähe zu den gestellten Fragen erfolgte und dabei drucktechnisch so hervorgehoben werde, dass ein Übersehen praktisch nicht möglich sei. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall gewesen.
Das Verfahren bestätigt nach Ansicht von Rechtsanwältin Pratsch von der auf Versicherungsrecht spezialisierten Kanzlei L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft die insgesamt versichertenfreundliche Ausgangslage. „Die Versicherung muss für eine erfolgreiche Anfechtung nachweisen, dass der Versicherungsnehmer die Fragen vorsätzlich falsch beantwortet habe. Hierzu muss die Versicherung aber darlegen, dass sie den Versicherungsnehmer ordnungsgemäß über die Rechtsfolgen belehrt habe. Hieran knüpft die Rechtsprechung hohe formelle und materielle Anforderungen. Die Hürden für eine erfolgreiche Anfechtung durch die Versicherung sind somit hoch.“
Rechtsanwältin Pratsch empfiehlt daher Versicherungsnehmern, bei Problemen mit der Versicherungsgesellschaft zeitnah fachanwaltlichen Rat von auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwälten einzuholen.