Der ehemalige Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht München Walter Seitz bestätigt in einem Rechtsgutachten die uneingeschränkte Eintrittspflicht der Betriebsschließungs-Versicherung bei coronabedingten Betriebsschließungen.
Spiegel Online berichtet am 24.04.2020 unter der Überschrift „Die Wut der Gastronomen“ von dem Unverständnis zahlreicher Hoteliers und Gastwirte über die Weigerung mehrerer großer Versicherungen, ihre Einstandspflicht bei coronabedingten Betriebsschließungen zu erklären.
Die Betriebsschließungsversicherung bietet eigentlich eine umfassende Absicherung vor den finanziellen Folgen bei einer behördlich angeordneten Betriebsschließung aufgrund einer nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen Krankheit oder eines Krankheitserregers. Die Versicherung ersetzt im Schadenfall den Ertragsausfall, wobei in der Regel die Haftzeit auf 30 Tage begrenzt ist, sowie weitere Kosten, insbesondere die Lohnkosten der Angestellten.
„Wie mehrere große deutsche Versicherer aber nun übereinstimmend erklärten, gilt der Versicherungsschutz nicht aufgrund von behördlichen Auflagen und Allgemeinverfügungen, die aufgrund von Covid-19 ausgesprochen wurden“ erklärt der Fachanwalt für Versicherungsrecht, Rechtsanwalt Christian Luber, LL.M., M.A., von der auf Versicherungsrecht spezialisierten Kanzlei L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft. Statt dessen unterbreiten die Versicherungen Vergleichsangebote, die pauschal eine Zahlung i.H.v. 15 % der Anspruchssumme vorsehen.
„Wir erachten diese Vergleiche für schlicht falsch”, entgegnet die Fachanwältin für Versicherungsrecht, Rechtsanwältin Aylin Kempf. „Denn es ist ja nun mal Sinn und Zweck einer Versicherung, Versicherungsschutz auch für noch nicht feststehende Versicherungsfälle zu erteilen. Aufgrund des Verweises in den meisten Versicherungsbedingungen auf das Infektionsschutzgesetz ist nach unserer Einschätzung auch keine namentliche Aufzählung des Covid-19-Virus erforderlich. Wir bewerten daher die Ablehnung der Versicherungen als untauglichen Versuch, sich ihrer Eintrittspflicht zu entziehen und gehen vielmehr von guten Erfolgsaussichten für die Betriebe aus, um Zahlungsansprüche aus der Betriebsschließungsversicherung zu erhalten.“
Diese Rechtsansicht wird gestützt durch ein Rechtsgutachten des ehemaligen Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht München, Walter Seitz, der die uneingeschränkte Eintrittspflicht der Betriebsschließungs-Versicherung bei coronabedingten Betriebsschließungen bestätigt. Wie Spiegel Online berichtet, gelangt das Gutachten sogar zu einem uneingeschränkten Anspruch der Versicherungsnehmer auf Zahlung der Versicherungssumme. Der Branchenverband Dehoga rechnet daher mit einigen hundert Zivilklagen von betroffenen Unternehmen.
Wir empfehlen daher Betroffenen, zeitnah Rechtsrat bei auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwälten einzuholen.