Der Versicherungsnehmer verletzt bei der KFZ-Kaskoversicherung keine Aufklärungsobliegenheit, wenn er unzutreffende Angaben vollständig berichtigt.
Das Oberlandesgericht Köln hat mit Datum vom 28. Juni 2016, Az. 9 U 4/16, festgestellt, dass eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit bei der KFZ-Kaskoversicherung entfällt, wenn der Versicherungsnehmer unzutreffende Angaben vollständig berichtigt. Hierauf weist Rechtsanwältin Aylin Pratsch von der Fachkanzlei für Versicherungsrecht L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft im Rahmen einer Rechtsprechungsübersicht hin.
Im vorliegenden Verfahren hatte die beklagte KFZ-Kaskoversicherung Leistungen aus dem Versicherungsvertrag abgelehnt. Die Versicherung begründete dies u.a. damit, dass der Versicherungsnehmer Falschangaben zu Vorschäden gemacht habe und sie somit gemäß § 28 Abs. 3 VVG leistungsfrei sei.
Das Landgericht gab der KFZ-Kaskoversicherung Recht und wies die Klage ab. Auf die hiergegen eingelegte Berufung hob das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil auf und verurteilte die KFZ-Kaskoversicherung gemäß den klägerischen Anträgen. Das Oberlandesgericht begründete dies damit, dass nicht ersichtlich sei, dass der Versicherungsnehmer tatsächlich überhaupt Kenntnis von den Vorschäden gehabt habe. Selbst, wenn dies aber der Fall gewesen sei und er daher objektiv falsche Angaben bei der Schadensanzeige gemacht habe, sei dies aber unbeachtlich. Denn der Versicherungsnehmer habe die Falschangaben wieder korrigiert, indem er das KFZ-Gutachten der Versicherung zur Verfügung gestellt habe. Da hierin die Vorschäden aufgeführt waren, entfalle rückwirkend die Obliegenheitsverletzung.
Das Verfahren bestätigt nach Ansicht von Rechtsanwältin Pratsch von der auf Versicherungsrecht spezialisierten Kanzlei L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft die insgesamt versichertenfreundliche Ausgangslage. „Die Urteilsbegründung zeigt, dass die von Versicherungen gerne erhobene Einrede der Obliegenheitsverletzung nicht begründet sein muss. Denn dieser Vorwurf lässt sich oftmals aushebeln, indem dargelegt wird, dass zum einen überhaupt keine Obliegenheitsverletzung vorliege und zum anderen diese korrigiert worden ist. Im Ergebnis fehlt es daher an der Kausalität zwischen Obliegenheitsverletzung und Schadensfeststellung.“
Rechtsanwältin Pratsch empfiehlt daher Versicherungsnehmern, bei Problemen mit der Versicherungsgesellschaft zeitnah fachanwaltlichen Rat von auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwälten einzuholen.