, 09.02.2018 – Christian Luber
Eine ärztliche Invaliditätsfeststellung ist auch bei Nichtangabe von Unfall und Unfallhergang fristwahrend.
Das Oberlandesgericht Jena hat mit Urteil vom 31. August 2017, Az. 4 U 820/15, festgestellt, dass dem Versicherer die Einrede der Fristversäumnis der Vorlage der ärztlichen Invaliditätsfeststellung verwehrt ist, selbst, wenn das Attest weder den Unfallhergang bezeichnet noch das Ereignis überhaupt als Unfall bezeichnet. Hierauf weist der Fachanwalt für Versicherungsrecht, Rechtsanwalt Christian Luber, LL.M., M.A., von der Fachkanzlei für Versicherungsrecht L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft im Rahmen einer Rechtsprechungsübersicht hin.
Im vorliegenden Verfahren hatte die beklagte Versicherung Leistungen aus der Unfallversicherung abgelehnt. Die Versicherung begründete dies unter anderem damit, dass der Versicherungsnehmer die 15-Monats-Frist zur Vorlage einer ärztlichen Feststellung der Invalidität versäumt habe. Das Landgericht gab der Versicherung Recht und wies die Klage ab.
Auf die hiergegen eingelegte Berufung entschied das Oberlandesgericht, dass die Begründung für die Klageabweisung rechtsfehlerhaft war. Denn der Versicherung sei die Einrede der Fristversäumnis der Vorlage der ärztlichen Invaliditätsfeststellung verwehrt. Das von dem Kläger vorgelegte Attest ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts somit ausreichend. Zwar beinhaltet es weder den Begriff „Unfall“ für das zur Invalidität führende Ereignis, noch ist der Unfallhergang geschildert. Beides ist aber nicht erforderlich. Die begriffliche Einordnung als Unfall ist nämlich eine rechtliche Subsumtion, die nicht Aufgabe des Arztes ist, so das Oberlandesgericht. Die Schilderung des Unfallhergangs ist dem Arzt auch überhaupt nicht möglich, da er in der Regel das Geschehnis aus eigener Wahrnehmung nicht kennt. Im Ergebnis liegt somit ein ausreichendes Attest vor, sodass die Invaliditätsfrist gewahrt ist.
Das Verfahren bestätigt nach Ansicht von Rechtsanwalt Luber von der auf Versicherungsrecht spezialisierten Kanzlei L & P Luber Pratsch Rechtsanwälte Partnerschaft die insgesamt versichertenfreundliche Ausgangslage. „Das Gericht hat festgestellt, dass eine rein formelle Betrachtungsweise der Fristenproblematik nicht ausreichend ist. Vielmehr hat es den Zweck der ärztlichen Feststellung einer Invalidität hinterfragt und hierbei festgestellt, dass es nicht Aufgabe eines Arztes ist, zu prüfen, ob ein Geschehnis einen Unfall darstellt. Ausreichend ist demnach vielmehr, dass die Invalidität diagnostiziert und dargelegt wird, wann diese durch welche Erkrankung eingetreten ist.“
Rechtsanwalt Luber empfiehlt daher Versicherungsnehmern, bei Problemen mit der Versicherungsgesellschaft zeitnah fachanwaltlichen Rat von auf Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwälten einzuholen.